Rainer Erler
Rainer Erler erlernte sein Handwerk bei Rudolf Jugert („Der Meineidbauer“), Franz Peter Wirth („Helden“) und zuletzt Kurt Hoffmann (Lubitsch-Preisträger 1958 für „Das Wirtshaus im Spessart“) bei der Realisierung der Fortsetzung „Das Spukschloss im Spessart“. Danach stieg Erler selbst vom Regieassistenten zum Regisseur auf und inszenierte mehrere Kurzfilmformate fürs Fernsehen. Mit 75 Minuten Spielzeit war „Seelenwanderung“ sein bis dato längster Film. 1962 fürs Fernsehen hergestellt, kam die Parabel auf das deutsche Wirtschaftswunder so gut an, dass eine Kinoauswertung stattfand. Damit qualifizierte sich „Seelenwanderung“ mit seinem offiziellen Kinostart am 10. Januar 1964 auch für den Ernst-Lubitsch-Preis, mit dem Rainer Erler dann auch prompt ausgezeichnet wurde. Überreicht wurde ihm die Bronze-Statuette (diesmal als ’stehender Pan‘) am 28. Januar 1965 in dem ehemaligen Kino Studio am Kurfürstendamm in Berlin.
Mit Martin Held (Lubitsch-Preisträger 1967) in der Hauptrolle entstand anschließend die Kriegskomödie „Fast ein Held“, Erlers erster direkt fürs Kino gedrehte Film. Sein Hauptaugenmerk galt aber weiterhin dem Fernsehen. Dabei zeigte der am 26. August 1933 in München geborene Filmemacher großes Interesse für Science-Fiction-Stoffe wie „Die Delegation“ über die Glaubwürdigkeit von Ufologen oder „Plutonium“ über die Gefahren der Kernenergie. Seine kritische Zukunftssicht spiegelte sich ebenso in der fünfteiligen TV-Serie „Das Blaue Palais“ wider. Für Aufregung sorgte Rainer Erler 1979 mit „Fleisch“. Der fiktive Organspende-Thriller mit Jutta Speidel und Herbert Herrmann lief nach seiner ersten TV-Ausstrahlung nochmals erfolgreich im Kino. Nach weiteren Filmen wie „Das schöne Ende dieser Welt“ oder „Zucker – Eine wirklich süße Katastrophe“ beendete er 1990 seine Regietätigkeit mit dem Zweiteiler „Die Kaltenbach-Papiere“ über den Handel mit Atomwaffen. Die Drehbücher zu seinen Filmen verfasste er meist selbst und veröffentlichte einige davon sogar im Romanformat. Rainer Erler verstarb am 8. November 2023 mit 90 Jahren in Perth, Australien.
Seelenwanderung
Anfang der Sechziger erleben die Bundesdeutschen ein wahnwitziges Wirtschaftswunder. Nur Bum (Wolfgang Reichmann) fühlt sich davon ausgeschlossen und lässt sich von seinem mittellosen Freund Axel (Hanns Lothar, Foto) bedauern. Bum klagt, dass nur seine Seele daran schuld wäre. Axel rät ihm, sie einfach in einen Schuhkarton zu sperren. Genau das macht Bum und versetzt die Kiste mit seiner Seele für fünf Mark im Pfandhaus. Sein Startkapital für eine große Karriere in der Wirtschaft. Seelenlos wie Bum jetzt ist, schafft er es bis an die Spitze und vergisst dabei sogar seinen alten Freund. Als ihn irgendwann der Tod ereilt, muss Bum seine verlorene Seele wiederfinden, um im Jenseits einkehren zu können.
Auch mit seiner Wirtschaftswunder-Satire war Rainer Erler seiner Zeit voraus. Allerdings schrieb er in diesem Fall nicht selbst die Vorlage, sondern Karl Wittlinger. In den deutschen Programmkinos kam „Seelenwanderung“ bis in die Siebzigerjahre hinein immer wieder zur Aufführung. 2014 erschien der Schwarzweißfilm schließlich auf DVD.