Gerhard Polt
Gerhard Polt braucht keine Opposition, denn er ist ja selber Demokrat. So hat der 1942 in München geborene und in Altötting aufgewachsene Humorist, Autor, Filmemacher und Schauspieler es selbst einst formuliert. Ein politischer Mensch war und ist Polt, der Skandinavistik und Altgermanistik, der in Göteborg und München studierte und zunächst als Übersetzer arbeitete, aber immer schon gewesen und ist es bis heute. Mit seiner Fernsehreihe „Fast wia im richtigen Leben“ (1979-87) schrieb Polt zusammen mit dem Regisseur Hanns Christian Müller und seiner kongenialen Partnerin Gisela Schneeberger deutsche Fernsehgeschichte. Das im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlte Programm machte Polt bundesweit bekannt, wie es sein norddeutscher Kollege Vicco von Bülow alias Loriot (Lubitsch-Preisträger 1989) oder sein langjähriger Satiremitstreiter Dieter Hildebrandt mit dem „Scheibenwischer“ wurde.
1983 stand Polt für seinen ersten Kinofilm vor der Kamera: „Kehraus“. Vier Jahre später landete er mit „Man spricht deutsh“ (Regie: Hanns Christian Müller) und über 2 Millionen Kinobesuchern einen noch größeren Erfolg, die Komödie warf einen satirischen Blick auf der Deutschen liebstes Kind: den Urlaub. 1991 folgte, erstmals unter eigener Regie (mit Fred Unger), das melancholische Porträt eines Kellners, in dem eigentlich ein Dichter steckt: „Herr Ober!“. Nach längerer Kinopause spielte Polt 2004 in der von ihm mitgeschriebenen und von Hanns Christian Müller inszenierten Steinzeitkomödie „Germanikus“ einen Vorzeitmenschen. Polts bislang letzter Kinoauftritt war 2013 in „Und Äktschn!“ (Regie: Frederick Baker), der Geschichte eines passionierten Amateurfilmers, der zwischen die Fronten gerät, als er einen Film über Adolf Hitler ‚als Privatmensch‘ drehen will.
Laut Josef Hader liegt Polts Komik in der ‚Erforschung menschlicher Machbarkeiten‘, Hans Well von den Biermösl Blosn hält ihn schlicht für ein ‚Klanggenie‘. Oder wie Loriot einst im SPIEGEL schrieb: „Polt ist ein Ereignis“. 2017 erhält Gerhard Polt den „Blauen Panther“, den Ehrenpreis des Bayerischen Fernsehpreises.
Kehraus
Eine Geschichte von kafkaeskem Ausmaß: Als Gabelstaplerfahrer Ferdinand Weitel (Gerhard Polt) in die Versicherungsgesellschaft ‚Fidelitas‘ kommt, will er nur den zuständigen Sachbearbeiter finden, der ihm eine ganze Batterie von nutzlosen, überteuerten Versicherungen angedreht hat, deren Prämienzahlung ihn an den Rand des Ruins bringen wird. Doch leider landet er an diesem Faschingsdienstag mitten in den Vorbereitungen zum abendlichen Versicherungskostümball unter dem Motto ‚Traumpolice‘. Mithilfe der mitleidigen Sekretärin Frau Waguscheit (Gisela Schneeberger, Foto links) kann Weitel sich unter die Feiernden mischen, als aber schließlich herauskommt, dass der Vorstand unter Führung von Vorstandschef Dr. Benzelmeier (Dieter Hildebrandt) Massenentlassungen plant, eskaliert das Ganze.
Die rabenschwarze Realsatire zeigt pointiert die Ohnmacht des kleinen Manns in der Welt der Großen und Mächtigen. Der Film kam am karnevalsbedeutsamen Datum – am 11. 11. 1983 – ins Kino. 1984 wurde er mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.