Angelika Milster
Angelika Milster ist in erster Linie ein Bühnentier. Gefeiert als Musical-Darstellerin, Sängerin und Theaterschauspielerin. Doch auch wenn eine Film- oder TV-Kamera auf den blonden Wirbelsturm mit der Riesenstimme gerichtet ist, liegt ihr das Publikum zu Füßen. In Serie eroberte sich die Milster mit „Ein Heim für Tiere“, „Der Landarzt“ und „Mama ist unmöglich“ einen festen Stammplatz im deutschen TV, Ehrensache, dass die Leib-und-Seele-Berlinerin auch in Berliner Serien wie „Liebling Kreuzberg“ mit Manfred Krug (Lubitsch-Preisträger 1990) und „Drei Damen vom Grill“ reüssierte – und dass ihr erster Kinofilm ebenfalls in Berlin spielte. Der hieß „Meine Sorgen möcht’ ich haben“ und brachte ihr gleich einen Lubitsch-Preis ein, der ihr am 28. Januar 1975 im Cinema Paris vom Vorjahres-Preisträger Mario Adorf (Foto links) in Anwesenheit des damaligen Clubvorstehers Dieter Strunz (Foto rechts) überreicht wurde. Unter den Gratulanten befanden sich Produzentin Regina Ziegler und die Regisseure Wolf Gremm und Ulrich Schamoni (Lubitsch-Preisträger 1969).
Überhaupt war das 1951 geborene Küken aus Hamburg erst ein Jahr zuvor, also 1974, in Berlin gelandet. Die Gesangs-, Tanz- und Schauspiel-Ausbildung hatte sie noch in ihrer Heimatstadt gemacht, nachdem sie dem Wunsch der Eltern, was Ordentliches zu lernen, erfüllt hatte – die Milster ist ausgebildete Friseurin. Aber dann gab es kein Halten mehr, das Kind war verrückt und musste nach Berlin. Erste Bühnenluft schnupperte sie am Hebbel-Theater, abends ging es in den ‚Diener‘, wo die Stars Hof hielten. „Da hab‘ ich zum ersten Mal überhaupt Männer in Pelzmänteln gesehen“, erinnert sie sich in einem Interview. „Und wenn der Harald Juhnke (Lubitsch-Preisträger 1993) kam, war ich immer ganz ehrfürchtig.“ Den ganz großen Durchbruch hatte sie natürlich mit der deutschsprachigen Erstaufführung von „Cats“ in Wien, vier Jahre lang sang sie die Katze Grizabella, holte Gold mit der gleichnamigen Platte und wurde darauf eine der großen Stars des Musicals von Berlin bis Paris und Washington. Einen Echo hat sie ebenso wie einen Goldenen Vorhang und den BZ-Kulturpreis. Dass Angelika Milster seit 2006 mit ihrem Ehemann in der Schweiz wohnt, fällt zum Glück kaum auf. Sie hat ganz viele Koffer in Berlin.
Meine Sorgen möcht' ich haben
Halbasiatin Rita (Y Sa Lo) verlässt ihre Heimat als Kuckucksei, nachdem sie entdeckt hat, dass ihre Mutter (Evelyn Künneke) sie in Hinblick auf den vermeintlichen Vater beschummelt hat. In Berlin lernt sie den sinnesfrohen Stiefvater (Otto Sander, Lubitsch-Preisträger 1982), dessen im Rollstuhl lüstern lauernde Geliebte und die mollige Stiefschwester Carmen (Angelika Milster, Foto) kennen, die ständig in urigen Gesang ausbricht. Rita schnuppert schlampig-schöne Künstlerluft bei der Band ‚Coconuts‘, bewirbt sich um einen Zeitungsjob und jagt mit den anderen hinter einer angeblich vom Pianisten der Band entdeckten, unveröffentlichten Chopin-Komposition her. Zum Schluss stößt auch die Mutter aus dem Provinznest zu der Truppe. Selbst ohne Chopin herrschen Jubel, Trubel, Eierkuchen.
Wolf Gremms schräge 70er-Jahre-Klamotte, deren Titel an ein Zitat von Tucholsky erinnert, wurde als aggressionsfreudige Schmunzelkomödie und verführerisch dekorierte Cremetorte gefeiert und kam am 24. Januar 1975 in die deutschen Kinos.