Michael Gwisdek
Michael Gwisdek war einer der „Nachtgestalten“ im gleichnamigen Episodenfilm von Andreas Dresen (Lubitsch-Preisträger 2006). Neben dem Silbernen Bären auf der Berlinale 1999 erhielt der Schauspieler am 29. Januar 2000 für seine darstellerische Leistung den Ernst-Lubitsch-Preis im damaligen Planet Hollywood in Berlin-Mitte. In der Begründung hieß es: „Michael Gwisdek ist ein vielseitiger Komödiant der sogar kleine Rollen mit Persönlichkeit ausfüllen kann.“ Die Laudatio hielt die Schauspielerin Christiane Paul „Nachtgestalten“ gab der Karriere des gebürtigen Berliners nochmals einen gehörigen Aufschwung, sodass Regisseure wie Oskar Roehler („Die Unberührbare“), Wolfgang Becker („Good Bye, Lenin!“) und Matti Geschonnek („Wer liebt, hat Recht“) ihn engagierten. Auch Leander Haußmann (Lubitsch-Preisträger 2010) besetzte ihn 2003 für eine Rolle im Kultfilm „Herr Lehmann“.
Schon zu DDR-Zeiten war Gwisdek ein beliebter Film- und Theaterschauspieler, doch der Weg dahin war schwer. Zwar fasste er schon mit 16 seinen Berufswunsch, stieß aber bei seinen Castings immer wieder auf Ablehnung. Beim Deutschen Fernsehfunk der DDR hieß es: „Sie haben drei Falten auf der Stirn – das verträgt sich nicht mit den Fernsehzeilen.“ Nach seinem Abschluss an der Ernst-Busch-Schauspielschule ging es für Gwisdek Schlag auf Schlag: Er spielte in Filmen wie „Stella“ (1982) „Olle Henry“ (1983) und „Coming Out“ (1989) mit. 1984 wurde der DDR-Schauspieler erstmals an die Bundesrepublik ‚ausgeliehen’ und prompt wurde er für seinen Auftritt in Hark Bohms „Der Fall Bachmeier“ auf dem Chicagoer Filmfestival geehrt. 1988 folgte seine erste Regiearbeit „Treffen in Travers“. Danach inszenierte er „Abschied von Agnes“ (1993) und „Das Mambospiel“ (1998), die beide auf der Berlinale aufgeführt wurden. In den letzten Jahren brillierte Gwisdek neben Tom Schilling in „Oh, Boy“ (2012) als labbernder Kneipengast, wofür er den Deutschen Filmpreis bekam, und an der Seite von Henry Hübchen (Lubitsch-Preisträger 2014) als Ex-DDR-Spion in „Kundschafter des Friedens“ (2016). Michael Gwisdek verstarb am 22. September 2020 nach kurzer schwerer Krankheit.
Nachtgestalten
Berlin bereitet sich auf den Besuch des Papstes vor, doch in der Nacht zuvor werden mehrere Menschen vom Schicksal geprüft. Ein obdachloses Mädchen findet einen 100-Mark-Schein und wird fast vom Auto überfahren. Der Fahrer wird dadurch in einen Unfall verwickelt und kann nicht rechtzeitig am Flughafen sein, wodurch ein hilfloser Junge aus Angola ganz auf sich allein gestellt ist. Der alternde Manager Hendrik Peschke (Michael Gwisdek, Foto rechts) nimmt sich dem Kind an und streift mit ihm durch die Großstadt. Bis sein Auto geklaut wird.
Andreas Dresen verknüpft in der Verfilmung seines eigenen Drehbuchs gekonnt drei Handlungsstränge und schafft damit eine äußerst authentische Atmosphäre. Seine Figuren wirken wie aus dem echten Leben gegriffen, und das ist vor allem dem Spiel seiner Darsteller zu verdanken, zu denen neben Michael Gwisdek auch Dominique Horwitz, Myriam Abbas und Oliver Bäßler gehören. Die Tragikomödie kam am 12. August 1999 in die Kinos und wurde als Bester Film mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. 2015 erschien „Nachtgestalten“ neu remastert auf DVD.